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9. Klasse trifft Zeitzeugin des „Dritten Reiches“
Die Verbrechen des Nationalsozialismus bleiben ein dunkler Fleck in der deutschen Geschichte. Überlebenden aus dieser Zeit fällt es oft schwer, über ihre Erlebnisse zu berichten. Schüler der neunten Klasse hatten jetzt aber die Möglichkeit, mit einer Zeitzeugin zu sprechen.
Am Freitag, dem 1. Juni hatte unsere Schule in der Aula des Haus II einen interessanten Gast; Alodia Witaszek-Napierala, eine polnische Zeitzeugin des Nationalsozialismus, berichtete über ihr damaliges Schicksal.
Alodia wird am 3. Januar 1938 in Polen geboren. Als sie fünf Jahre alt ist, wird ihr Vater, der für den Widerstand kämpft, hingerichtet. Ihre Mutter wird verhaftet und soll in ein Konzentrationslager gebracht werden. Nach einiger Zeit kommt Alodia gemeinsam mit ihrer Schwester in das „Jugendverwahrlager Litzmannstadt“, worüber sie in ihrem eineinhalbstündigen Vortrag an unserer Schule auch ausführlich berichtet. Sie gilt aufgrund ihrer blauen Augen und blonden Haare als „rassetauglich“ und wird im Jahr 1944 als „Geschenk des Führers“ an eine deutsche Familie gegeben und von ihrer Schwester getrennt. Sie erhält dort den Namen Alice Luise Dahl.
Im Jahr 1947, bereits zwei Jahre nach Ende des Krieges, erhält ihre deutsche Mutter einem Brief, in dem sie von Alodias eigentlicher Familie erfährt. Die polnische Mutter hat den Aufenthalt in den Konzentrationslagern Ravensbruck und Auschwitz überlebt und Alodia kehrt in ihre Heimat zurück. Sie trifft dort auch ihre Schwester wieder. Nun folgte die aus ihrer Sicht „schwerste Zeit ihres Lebens“. Die nunmehr fast 10-Jährige musste die polnische Sprache neu erlernen und hatte große Probleme in der Schule, da sie und ihre Schwester dort als „deutsche Schweine“ bezeichnet wurden. Außerdem war ihre neue/alte Familie ihr völlig fremd.
Nur langsam lernt sie die Sprache, macht aber im Jahr 1956 ihr Abitur in Polen und besucht ihre Familie in Deutschland. Fortan arbeitet sie in der Medizin und hält nun regelmäßig Vorträge an deutschen Schulen über ihre Geschichte.
Alodia Witaszek-Napieralas Schicksal ist ebenso eindrucksvoll wie auch mahnend und stellte für die Schüler der neunten Klasse eine besonders wichtige Erfahrung im Umgang mit dem schwierigen Unterrichtsthema Nationalsozialismus dar.
© Jim Kerzig