Schülerarbeiten zum Literaturwettbewerb der Stadt Lichtenstein 2006

Martina Menzel Klasse 10b
Kälte und Du

Ich liege mit ausgebreiteten Armen da.
Kälte durchfährt mich.
Schnee fällt leise aus mich herab
Bedeckt meinen Körper
Ich habe die Augen halb geschlossen
Ich sehe weißen Nebel
Ich schließe meine Augen
Mein Herz schlägt immer langsamer
Stillstand
Meiner Selbst
Mut oder Angst
Gleichgültigkeit
Ich höre Schritte
ich öffne meine Augen ein letztes Mal
Da stehst du
Über mich gebeugt
Reichst mir deine Hand
Still betrachtet
Ich spüre meine Hand nicht mehr
Hebe sie
warme Berührung
Stille Hoffnung
Auf einen Neuanfang
Mit dir
Mit mir
Mit uns.


Ulrike Zergiebel, Klasse 9b
Worte

Immer dann, wenn ich denke, dass gerade jetzt der falsche Moment ist, quellen in mir Ideen, Gedanken, die sich in meinen Kopf drängen und mich nicht mehr loslassen.
Immer wieder suchen sie sich Worte, die mir durch den Geist jagen, die aufgeschrieben werden müssen, aus Angst, ich könnte sie wieder verlieren.
Doch kaum nehme ich mir die Zeit, über sie nachzudenken, zerfallen sie.
Sie hinterlassen in mir die quälende Ahnung, dass ich schon wieder etwas Großartiges hätte schreiben können, aber schon wieder nur einen blassen Schatten davon fertig bringe.
Ich suche nach dem, was meine Gedanken einzigartig macht, nach den Worten, die nicht so schnell vergessen werden, die leuchten wie Sterne in der Nacht.
Doch wieder kommen mir Zweifel: kann ich Worte so fügen, dass sie etwas Greifbares, etwas Wirkliches werden? Kann ich Worten Leben einhauchen, bloße Gedanken – wenigstens für einen Moment – Fleisch und Blut werden lassen?
Wie oft war ich schon zwischen Zeilen gefangen, den Gedanken eines Fremden hoffnungslos unterlegen, der mich in eine Welt zieht, die weit mehr für mich zu sein scheint, als sie es wirklich ist.
Eine Welt aus Worten, leer und doch so nah und bestaunt, als wenn ich schon wirklich ihre Luft geatmet hätte.
Immer wieder suche ich Anfänge, Grundrisse von solch einer Welt aus Papier und Tinte, doch sie verlieren sich.
Wird es mir je gelingen, eine Welt aus Worten zu schaffen? Wohl nicht, aber ich glaube, ich wäre schon zufrieden, wenn nur einer meiner Sätze Menschen berührt.

Anerkennung
Damit gewann Ulrike den 1. Preis. Die Schriftstellerin Gisela Steineckert, die Jury-Mitglied war, schrieb anerkennend folgendes: „Es ist Ulrike gelungen, ganz persönlich etwas Allgemeines in Worte kleiden zu können. Was sie geschrieben hat, ist wahrhaftig, und jeder, der anfängt zu schreiben, kennt das, dieses Bedürfnis, sich auszudrücken und der ständige Zweifel, ob einem Literatur oder Poesie gelingt. Poesie ist nichts anderes als die genaueste Benennung für etwas, das einzig richtige Wort, das man finden muss. Und es ist nicht etwa so, dass dieses Suchen, sogar „Ringen“ je aufhört. Ich erkenne jeden Gedanken wieder, jede beschriebene Unterlegenheit, so wie es jeder Schreibende kennt. Aber indem sie über gefürchtete Unfähigkeit schreibt, gelangt sie zum Gelingen. Ich erkenne ihr Talent und gratuliere ihr zu der Arbeit.“

Lydia Planitzer 9d
Ausruhen

Ausruhen. Ha, was für ein Scherz. Aber Lachen hatte er schon längst verlernt.
Der Termin mit Herrn Hegel. Meine Güte, wie der sich aufspielte!
Was bildete der sich eigentlich ein, dieser…dieser eingebildete Schönling.
ER war schließlich derjenige, der sagt, wo’s langgeht, der Chef.

Kaffee, Kaffee…er brauchte Kaffee. Jetzt!
Und dann gleich weiter, zur nächsten Sitzung, zum nächsten Termin, zum nächstes Meeting.
Die Frau ruft an. Ob er zum Abendessen heim käme, sie wüsste schon gar nicht mehr, wie er aussieht. Nein, heute nicht.
Morgen vielleicht,
wenn es sich einrichten ließe.

Vielleicht auch nie.